Handbuch


Angstargument

Erwecken von Befürchtungen.


Angst ist eine der stärksten Antriebskräfte des Menschen und daher sehr leicht zu instrumentalisieren. Dabei sind durch Angst motivierte Menschen eher als andere bereit, Prinzipien über Bord zu werfen und gegen ihre Überzeugungen zu handeln. Auch hemmt Angst kritisches Denken und lädt zu Impulsentscheidungen ein. Das macht diese Argumentationsform sehr mächtig.

Andererseits beschwört Angst Vermeidungsreaktionen herauf, die sich auch gegen den Gesprächspartner richten können. Werden negative Gefühle gegenüber einer Sache erweckt, kann die erzeugte Ablehnung sich auch auf das Gespräch selbst übertragen, das dann als unangenehm oder bedrohlich wahrgenommen wird.


Wann wendet man das an?

Begründete Sorgen und Ängste mitzuteilen, hilft, sie zu adressieren und Lösungen für aktuelle oder erwartete Probleme zu finden. Sowohl als Warnung vor möglichen Konsequenzen einer Entscheidung oder Handlung als auch zur Entwicklung von Strategien zur Minimierung von Risiken ist Angst sinnvoll argumentativ einzubringen.

Ist sie nicht objektiv begründbar oder persönlicher, nicht sachorientierter Natur, muss mit ihr aber auch auf rein persönlicher Ebene umgegangen werden. Insbesondere ist zu vermeiden, rein subjektive Sorgen auf andere zu übertragen, indem sie zum Problem aller gemacht werden. Ein gutes Angstargument lässt sich leicht daran erkennen, dass es sich durch Auseinandersetzung mit der Angstursache beilegen lässt. Schwarzmalerei einer Sache aufgrund von persönlicher Ablehnung ist im Gegensatz dazu gekennzeichnet, dass sie stetig neue Schreckensszenarien hervorbringt, sobald eines argumentativ widerlegt wurde (→Ausrede).


  • „Wenn du weiter so eine Grimasse ziehst, bleibt dein Gesicht so stehen.“
  • „Wenn wir alle Flüchtlinge aufnehmen, bleibt am Ende nichts mehr von unserer eigenen Kultur.“
  • „Ins Solarium? Willst du Hautkrebs bekommen?“
  • „Ich kann die Überstunden nicht ablehnen - am Ende verliere ich noch meinen Job.“

Was tut man dagegen?

Zunächst muss die beschriebene Bedrohung dahingehend betrachtet werden, wie gefährlich und wie wahrscheinlich sie ist. Kann man die Situation →umdeuten, so dass sie kein Problem mehr darstellt, oder sogar etwas Positives sein könnte, verliert das Angstargument jede Wirksamkeit.

Ist die Gefahr hypothetisch und nicht sehr wahrscheinlich, hilft es, Vorkehrungen für den Fall des Eintreffens zu treffen oder Maßnahmen zu benennen, wie man mit ihr umgehen soll, wenn - oder falls - es dazu kommt. Die Begegnung mit dieser Gefahr wird dadurch vom diskutierten Standpunkt gelöst, und ihre Vermeidung nicht als alternativlos durch Ablehnung dieses Standpunkts gesehen.

Negative Aspekte der Alternative(n) zu benennen, setzt zwei oder mehr Befürchtungen gegenüber und führt zu einer Wahl zwischen zwei Übeln. Positive Anteile des mit Angst begegneten Szenarios herauszustreichen, setzt diese Angst in Perspektive und ermöglicht einen vollständigeren, differenzierten Blick auf die Situation.


  • „Wenn's soweit ist, kann ich immer noch umschulen. Ich studiere lieber etwas, was mich interessiert und hoffe, dann auch einen Job in dem Feld zu finden, als mich von Anfang an unglücklich zu machen.“
  • „Dann putze ich halt nachher nochmal Zähne. Lass mich in Ruhe meine Kekse essen.“
  • „Wenn ich nicht gehe, sterbe ich irgendwann alt und allein mit fünfzig Katzen. Und außerdem kann mir auch dann was passieren, wenn ich mich mit Leuten treffe, die ich nicht online kennengelernt habe.“