Handbuch
Themenwechsel
Ablenkung vom Gesprächsthema
Der Themenwechsel zählt zu den einfachsten, aber auch mächtigsten Strategien, die man in Gesprächen einsetzen kann.
Er kann Diskussionen entschärfen, provozieren, produktiver gestalten oder beenden. Klug eingesetzt kann er den Verlauf
einer Debatte bestimmen und ihren Ausgang steuern. Besteht hingegen Uneinigkeit darüber, was das aktuelle Thema
überhaupt ist, kann er ein Zeichen dafür sein, dass die Gesprächspartner einander nicht zuhören.
Prinzipiell kann man immer dann von einem Themenwechsel sprechen, wenn zwischen zwei aufeinanderfolgenden Aussagen kein direkter Bezug oder keine sinnvolle Überleitung auszumachen ist. Ein Argument mit einem anderen zu erwidern, das sich einem ganz anderen Aspekt des Gesprächsgegenstandes widmet, kann daher ebenso ein Themenwechsel sein. Daher taucht dieser meist in Kombination mit anderen rhetorischen Mitteln oder Argumentationsstrategien auf.
Wann wendet man das an?
In Gesprächen mit einem Autoritätsgefälle ist es nur natürlich, dass eine Partei die Unterhaltung lenkt und die andere ihr folgt, um zielgerichtete Kommunikation zu ermöglichen. Zwischen Vorgesetzten und Angestellten, Eltern und Kindern, Lehrern und Schülern oder Moderatoren mit Gästen kommt es daher häufig zu einseitigen Entscheidungen über den Gesprächsgegenstand. Aber auch informelle Gespräche oder solche ohne Hierarchien profitieren von Ablenkungen. Verliert sich eine Unterhaltung in Details oder wird einem Sonderfall unverhältnismäßig viel Zeit gewidmet, sollte sie zum Kern der Sache zurückgeführt werden. Entgleist der Tonfall oder fühlt man sich in der Unterhaltung nicht mehr wohl, weil unnötigerweise Persönliches oder emotional belastete Dinge in den Vordergrund gestellt werden, entschärft ein Wechsel des Themas auf neutralere oder weniger umstrittene Aspekte die Situation. Ebenso kann ein Themenwechsel davon ablenken, dass man auf ein Argument keine Erwiderung parat hat.
Eine Diskussion lässt sich auf diese Weise aber auch gänzlich beenden, oder ein zuvor beendetes Gespräch wieder aufgreifen.
- „Du sag mal, was mir da grad wieder einfällt - wollten wir nicht noch einkaufen gehen?“
- „Ich bedanke mich für die Frage und muss für ihre Beantwortung ein wenig ausholen ...“
- „Sieh mal, ein Eichhörnchen!“
- „Kommen wir jetzt zu etwas völlig anderem.“
Was tut man dagegen?
Wer das Thema wechselt, erlangt die Kontrolle über den Gesprächsinhalt und tut dies in der Regel aus Eigeninteresse. Die Unterhaltung wird von etwas Bestimmtem abgelenkt, das nicht gewünscht wird, weiter zu erörtern, oder aber es soll auf ein Gebiet geführt werden, in dem der Diskussionspartner sich besonders auskennt oder Schwächen beim Gegenüber vermutet. Glaubt man, der Gesprächspartner möchte einem bestimmten Argument oder einer Frage ausweichen, kann man das explizit benennen oder in einer Rückfrage unterstellen.
Ein Themenwechsel muss nicht angenommen werden - so leicht ein Gespräch abgelenkt werden kann, so leicht lässt es sich auch zurückführen. Ist ein Wechsel im beiderseitigen Interesse, kann man ebenso ein anderes, neues Thema einbringen. Wo es möglich ist, bietet sich an, zum ursprünglichen oder nächsten Thema überzuleiten - bisweilen fällt der Wechsel auf diese Weise gar nicht auf.
Um eine fruchtbare Unterhaltung zu führen, ist es jedoch immer nötig, dass die Diskutanten sich einig sind, worüber sie sprechen oder sprechen wollen. Stetig zwischen Themen hin- und herzuspringen kommt einem Tauziehen gleich und führt zu keinem Ergebnis. Beharrt jemand auf einem Thema, dem man kein Interesse entgegenbringt oder befindet man sich selbst in der Situation, dem Gegenüber ein Thema aufzuzwingen, ist ein Abbruch der Unterhaltung anzuraten.
- „Wir waren hier noch nicht fertig - wie weit bist du denn nun mit deinem Buch?“
- „Interessanter Aspekt, ist aber für dieses Projekt nicht relevant.“
- „Lass uns heute nicht mehr von Politik reden, sonst streiten wir uns doch wieder nur.“
- „Bevor wir Expansionsmöglichkeiten betrachten, müssen wir uns doch erst einmal über den Datenschutz austauschen.“