Handbuch


Ad Hominem

Persönlicher Angriff auf eine Person anstatt auf ihren Standpunkt.


Unter Ad Hominem werden alle Angriffe zusammengefasst, die rein persönlicher Natur sind. In der Regel ist darunter die Beleidigung des Gesprächspartners zu verstehen, aber auch sachliche Kritik zählt dazu, solange sie einer Person und nicht dem Thema gilt (→ Herkunftstrugschluss). Daher wird diese Taktik in der Regel in Kombination mit anderen rhetorischen Figuren verwendet. Ad Hominem lenkt vom Thema ab (→Themenwechsel) und drängt das Gegenüber rhetorisch in eine Ecke, da dieses sich zunächst verteidigen muss, bevor zum Gegenstand der Debatte zurückgekehrt werden kann, wenn nicht Anschuldigungen im Raum stehen bleiben sollen. Auf diese Weise kann die Integrität und Glaubwürdigkeit eines Diskussionsgegners, aber auch seine Würde und sein Ego beschädigt werden.


Wann wendet man das an?

Nicht immer kann klar zwischen Person und Standpunkt unterschieden werden. Sind subjektive Bewertungen Gegenstand der Diskussion oder spielt die Erfahrung (→Unbetroffenheit), Qualifikation (→Autoritätsargument) oder Integrität (→Doppelmoral) des Gesprächspartners eine Rolle für die Glaubwürdigkeit seiner Argumente, kann ein Angriff derselben durchaus zielführend sein. Auch deckt Ad Hominem bisweilen Eigeninteresse des Gegenübers an dessen Standpunkt auf (→Moralischer Pragmatismus, →Wunschdenken) und lässt dessen Argumentation weniger sachlich erscheinen. Persönliche Angriffe zum Ausdruck von Frust, zur Provokation oder zum Verlassen der Sachebene sind hingegen moralisch fragwürdig.


  • „Der Autor beweist hier nicht nur mangelndes Reflektionsvermögen, sondern auch gravierende sprachliche Defizite.“
  • „Der Steuerzahler soll also auch noch für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs aufkommen? Du willst aber auch wirklich alles umsonst!“
  • „Bevor wir weiter über Treibstoffsteuern reden, könnten Sie ja mal die Parteispenden der Ölindustrie erklären.“
  • „Sag mir nicht, wie ich meine Kinder zu erziehen habe - du warst als Kind schrecklich faul und frech, da hast du sicher nie gelernt, was gute Erziehung bedeutet.“

Was tut man dagegen?

Wird die eigene Person ungerechtfertigt zum Thema gemacht, ist das Grund, die Diskussion zu verlassen ( →Strategischer Rückzug), um eine Eskalation (→Körperliche Gewalt) zu vermeiden, sich selbst zu schützen und weil es selten zweckmäßig ist, ein solches Gespräch fortzuführen. Verfügt man über die nötige Schlagfertigkeit, kann sich eine Beleidigung aber auch →umdeuten oder verwenden lassen, um die Methoden des Gegners zu kritisieren (→Tu Quoque, →Meta). Ziel sollte es sein, das Gespräch zurück zum ursprünglichen Diskussionsgegenstand zu führen und den Schaden an der eigenen Person zu begrenzen. Appelle an Sachlichkeit oder Fairness (→Mitleidargument) können helfen, den Umgangston zu verbessern. Da persönliche Angriffe den Fokus des Gesprächs verändern, aber selbst jede beliebige Form annehmen können, sind konkrete Gegenmaßnahmen den korrespondierenden Karten der gewählten Form zu entnehmen.


  • „Ich werte die Kritik an meiner Kleidung mal als Zeichen dafür, dass du an meinen Ausführungen nichts zu beanstanden hast.“
  • „Danke für den Hinweis, das habe ich so noch gar nicht gesehen. Wenn ich so darüber nachdenke, muss ich allerdings zugeben, dass ich dass immer noch nicht so sehe.“
  • „Das steht gar nicht zur Debatte.“
  • „Meine Beschäftigungssituation soll hier nicht zum Thema gemacht werden, wenn es um die Ausbildung einer ganzen Generation geht.“
  • „Ja, ich bin fett. Fühlst du dich jetzt besser?“