Spielregeln

Diskussionsgegenstand

Das Rhetorische Quartett ist ein Debattierspiel. Das bedeutet, dass die Spieler miteinander diskutieren, während sie spielen. Dazu muss sich zu Beginn auf ein Thema geeinigt werden. Jeder Spieler argumentiert für eine Meinung zu diesem Thema, das muss allerdings nicht seine tatsächliche Meinung sein. Die Meinungen sollten so gegensätzlich und klar definiert wie möglich sein – sie können nämlich im Spielverlauf getauscht werden. Bei vielen Spielern empfiehlt es sich, die These auf einen Zettel zu schreiben, der beim Spielen einer Meinungsumschwungskarte weitergegeben wird.

Es sollte ein Thema gewählt werden, mit dem die Spieler sich auskennen oder das mit ihrem Leben zu tun hat. Ein Spiel kann nur funktionieren, wenn den Spielern auch tatsächlich Argumente zu ihren Thesen einfallen.

Beispiel: Anna, Bernd und Caroline leben in einer WG und wollen darüber diskutieren, wie die Hausarbeit verteilt werden soll. Anna möchte für jeden feste Aufgabenbereiche festlegen, wie Wäsche, Abwasch und Putzen. Bernd ist dafür, dass die Verantwortung für die gesamte Hausarbeit jede Woche gewechselt wird, so dass immer einer für alles zuständig ist. Caroline denkt, dass ein Haushaltsplan unnötig ist und jeder sich einfach um seinen eigenen Dreck kümmern sollte.

Spielvorbereitung

Alle Karten werden gemischt, jeder Spieler erhält zehn Karten verdeckt auf die Hand. Die übrigen Karten werden verdeckt an den Rand gelegt.

Grundregeln

Die Spieler sind nacheinander im Uhrzeigersinn dran, der Spieler links vom Kartengeber beginnt. Karten werden gespielt, indem der Spieler ein der Karte entsprechendes Argument für seine These bildet und die Karte offen in der Tischmitte ablegt. Das Argument muss dafür weder glaubwürdig noch wahr sein, solange es nur der auf der Karte beschriebenen Form entspricht. Auf jede Karte können nur Karten eines höheren Sets gelegt werden - auf 4B kann also 5A oder 12C, nicht aber 2B oder 4D folgen. Zu Beginn seines Zuges darf jeder Spieler eine seiner Karten gegen die oberste der nicht verteilten Karten eintauschen.

Da Anna die Karten verteilt hat, beginnt Bernd die Runde. Er verwendet eine Suggestion (4D) und erklärt: „Eine saubere WG mit gerechter Aufgabenverteilung ist nur möglich, wenn wir uns abwechseln. Und das ist doch in unser aller Interesse.“ Caroline erwidert darauf mit einem Traditionsargument (8A): „Bislang haben wir die Wohnung auch saubergehalten bekommen, ohne einen Plan aufzustellen. Das können wir doch beibehalten.“ Anna hätte gern mit emotionaler Erpressung (3A) gekontert – schließlich hat sie die letzten Wochen abgewaschen, obwohl das meiste Geschirr gar nicht von ihr benutzt worden war – aber muss eine Karte mit höherer Setnummer nehmen und entscheidet sich für den moralischen Pragmatismus (9C):“Ich habe aber die Nase voll vom Abwasch – ich würde viel lieber das Bad sauberhalten, und dafür in der Küche nichts mehr machen.“

Diskussionsstränge

Kann keine Karte gespielt werden, ist der Diskussionsstrang beendet und der Spieler, der das letzte Wort hatte, erhält die offen liegenden Karten und platziert sie vor sich auf dem Tisch.

Trumpfkarten (XA, XB, XC und XD) beenden einen Diskussionsstrang und können nicht erwidert werden. Sie können auf jede Karte gelegt werden; wer sie spielt, erhält sofort die offen liegenden Karten. Der Spieler, der am Zug ist, kann nun einen neuen Diskussionsstrang eröffnen.

Ein Diskussionsstrang ist dabei eine Argumentkette, die mit jeder weiteren Karte länger wird und dem Spieler mit dem letzten Argument zufällt. Das Argument, mit dem der nächste Strang eröffnet wird, darf sich aber durchaus auf vorherige Argumente beziehen, auch das Thema und die Standpunkte bleiben erhalten.

Ein Spieler kann sich auch entschließen, eine hohe Karte aufzuheben und einen Strang zu beenden, um mit einer anderen Karte weiterzuspielen.

Bernd hat fast nur niedrige Karten auf der Hand und kann nur noch eine Unrepräsentative Stichprobe (15A) ausspielen. Dafür muss er eine Weile überlegen: „So ein Bad ist aber leichter zu reinigen als eine Küche. In allen Restaurants, in denen ich gearbeitet habe, wird mehr Zeit für die Küchenreinigung eingeplant als für die Toiletten. Wenn wir uns damit nicht abwechseln, wird es also schnell unfair." Caroline kann nichts mehr legen und Bernd kann sich die vier Karten nehmen. Caroline kann nun mit niedrigen Karten weitermachen. Mit Hörensagen (2A) entkräftet sie Bernds Argument: „Ich habe ja gehört, dass auch in Restaurants die Angestellten unter sich ausmachen, wer abwäscht und wer zum Beispiel die Toiletten putzt. Das können wir hier auch so handhaben.“

Gegenargumente

Alle Sets haben Partnersets, gegen die sie als Gegenargumente ausgespielt (+) oder die gegen sie verwendet werden können (-). Für Gegenargumente ist es unerheblich, ob sie eine höhere oder niedrigere Setnummer haben, sie dürfen in jedem Falle gelegt werden. Karten des Sets 4 (Manipulation) lassen sich z. B. als Gegenargument gegen Karten des Sets 12 (Selbstbetrug) einsetzen - jede 4er-Karte darf also auf jede 12er-Karte gelegt werden, daher ist auf 4er-Karten die 12 mit einem Plus verzeichnet (die 4 ist gut gegen die 12) und auf 12er-Karten die 4 mit einem Minus (die 12 wird von der 4 gekontert). Das Spiel geht mit dem neuen Set, das nun obenauf liegt, weiter.

Das Spiel geht mit der neuen Kategorie, die nun obenauf liegt, weiter.

Einsteigern wird empfohlen, das Spiel zunächst ohne den Einsatz von Gegenargumenten zu spielen.

Anna spekuliert darauf, dass niemand eine Trumpfkarte hat oder, wenn doch, sie nicht auf einen Stapel mit nur zwei Karten verschwenden möchte und legt daher ihre höchste Karte, einen Spielerfehlschluss (15C), als nächstes: „Das haben wir jetzt schon ein halbes Jahr so gemacht. Ich denke, es wird Zeit, jetzt ein anderes Modell auszuprobieren.“ Caroline widerspricht, dass es sich dabei nicht um einen Spielerfehlschluss handelt, da ein Reinigungskonzept ja kein Zufallsereignis ist. Anna hält dagegen, dass es bei diesem Thema überhaupt keine Zufälle gibt, mit denen sie argumentieren kann, und Bernd stimmt ihr zu, dass ihr Argument einem Spielerfehlschluss zumindest nahe genug kommt.

Nun hat Bernd hat zwar keine Trumpfkarte auf der Hand, aber sieht, dass er gegen Statistik-Argumente (15) mit Behauptungen (2) kontern kann – und davon hat er noch eine auf der Hand, einen Strohmann (2C) nämlich: „Du möchtest dich doch nur auf der leichtesten Aufgabe ausruhen. Wenn wir feste Zuständigkeiten vergeben, kann sich ja jeder seine Lieblingsaufgabe aussuchen und der Rest bleibt dann einfach liegen!“

Meinungsumschwung

Ein Meinungsumschwung erlaubt demjenigen, der ihn ausspielt, zwei Spieler zu bestimmen, die die Standpunkte tauschen. Das kann ihn einschließen, muss es aber bei einem Spiel mit mehr als zwei Spielern nicht. Für den Rest des Spiels müssen die ausgewählten Spieler nun den Standpunkt des jeweils anderen vertreten – oder bis der nächste Meinungsumschwung gespielt wird.

Nach einem Meinungsumschwung ist sofort der nächste Spieler an der Reihe, dieser darf mit einem beliebigen Set weitermachen.

Caroline fällt ein gutes Angstargument ein, aber eins, mit dem sie Bernds Standpunkt unterstützen und ihren angreifen würde. Also spielt sie einen Meinungsumschwung und zwingt Bernd, mit ihr die Meinung zu tauschen. Ihr Angstargument muss sie danach allerdings aufheben, bis sie wieder an der Reihe ist.

Spielende

Das Spiel endet, wenn alle im Spiel befindlichen Karten gespielt wurden oder sich kein Spieler mehr in der Lage sieht, ein Argument zu bilden. Der Spieler (und dessen Standpunkt) mit den meisten Karten gewinnt.



Spielvarianten



Schnelle Runde

für 2-6 Spieler, benötigt eine Stoppuhr

Wie im normalen Spiel wird über einen Diskussionsgegenstand und über Standpunkte entschieden. Der Kartenstapel wird gemischt verdeckt in die Tischmitte gelegt, die oberste Karte wird aufgedeckt. Wer glaubt, ein Argument bilden zu können, nimmt sich die Karte, hat aber von diesem Augenblick an nur zehn Sekunden Zeit, sein Argument vorzubringen. Gelingt ihm das nicht, kann ein anderer Spieler sein Glück versuchen. Verstreichen zehn Sekunden nach Offenlegen der Karte, ohne dass ein Spieler Anspruch auf diese erhebt, wird sie beiseitegelegt und die nächste aufgedeckt. Wird ein Meinungsumschwung offengelegt, müssen alle Spieler den Standpunkt ihres linken Nachbarn vertreten. Wer am Ende die meisten Karten hat, gewinnt.


Quartett/Supertrumpf

Das Spiel als Quartett entspricht den gewöhnlichen Quartettregeln. Es wird ohne Meinungsumschwünge und mit einem halben Spiel – also acht vollständigen Quartetten, wobei Trumpfkarten als gewöhnliches Set gelten – gespielt.

Für Supertrumpf gelten die üblichen Regeln.


Debattenbingo

für 1-2 Spieler

Zwei Spieler erhalten aus dem gemischten Spiel (jedoch ohne Meinungsumschwünge) je 25 Karten, die sie in einem Raster von 5 * 5 vor sich offen auslegen. Die übrigen Karten finden hierbei keine Berücksichtigung. Nun wird eine Debatte verfolgt, auf die die Spieler keinerlei Einfluss nehmen dürfen - z.B. eine Talkshow oder ein Parteitag. Entdeckt ein Spieler dort ein Argument, das einer seiner Karten entspricht, kann er diese umdrehen. Gewonnen hat, wer zuerst eine durchgehende Reihe von fünf Karten (waagerecht, senkrecht oder diagonal) umgedreht oder am Ende die meisten Argumente gefunden hat. Achtung: ein Argument kann durchaus mehreren verschiedenen Karten gleichzeitig entsprechen.

Alternativ können den Spielern auch Standpunkte oder Redner zugeteilt werden, und dürfen nur die Argumente werten, die ihren Standpunkt stützen oder vom jeweiligen Redner gebracht werden.

Debattenbingo kann auch allein gespielt werden, um einen Vortrag, ein Meeting oder das Fernsehprogramm unterhaltsamer zu gestalten.


Varianten für große Gruppen



Gruppenbingo

Die Karten ohne die Meinungsumschwünge werden gleichmäßig unter den Spielern verteilt. Nun verfolgen die Spieler eine Debatte (z.B. ein Video). Entdeckt ein Spieler ein Argument, das einer seiner Karten entspricht, kann er diese vor sich ablegen. Für das Spiel im Unterricht empfiehlt es sich, das anzuzeigen, die Debatte zu pausieren und den Spieler erläutern zu lassen, welche Karte er in welchem Satz zur Anwendung gebracht sieht. Hat ein Spieler alle seine Karten abgelegt, kann er "Bingo!" rufen und hat das Spiel gewonnen.


Meinungsfreiheit

Die Karten ohne die Meinungsumschwünge werden gleichmäßig unter den Spielern verteilt. Es wird sich auf ein Thema und mindestens zwei Standpunkte geeinigt. Sobald einem Spieler ein Argument einfällt, darf er es vortragen, unabhängig von der Setnummer oder davon, für welchen Standpunkt er eintritt. Die dabei verwendete Karte wird aus dem Spiel genommen und für den Standpunkt wird ein Punkt notiert. Das Spiel endet, sobald einer der Standpunkte mehr als zehn Punkte erreicht hat.